Diffamierung demokratischer Akteure

Pressemeldung des RAA Sachsen e.V.:

Opferberatung kritisiert die Verleumdung und Kriminalisierung demokratischer Jugendlicher in Limbach-Oberfrohna und fordert eine schnelle Aufklärung der Ereignisse vom Pfingstwochenende.

Pfingsten in Limbach-Oberfrohna

Auf das verlängerte Wochenende freuten sich die alternativen Jugendlichen besonders, wollten sie die arbeitsfreie Zeit doch nutzen, um die neuen Räume in der Sachsenstraße auszubauen. Wie sehr den Neonazis dieses Projekt ein Dorn im Auge ist zeigt ein Video, welches die Jugendlichen versteckt aufnahmen, als eine Gruppe von Neonazis an dem Haus vorbei lief. Darin ist zu sehen, wie Neonazis verbal ihren Hass gegenüber den alternativen Jugendlichen kund tun.

Am Samstagabend kam es zu einem Angriff einer großen Gruppe von Neonazis auf dieses Haus, in dem sich die alternativen Jugendlichen aufhielten. Daraufhin riefen die Hausbewohner die Polizei und warfen Flaschen aus den Fenstern um ein Eindringen der Angreifer in das Gebäude zu verhindern. Für sie bestand eine Notwehrsituation. „Als die Polizei kam, wurden wir wie Täter behandelt“ , so die Jugendlichen . In einer anschließend durchgeführten Hausdurchsuchung beschlagnahmte die Polizei u.a. eine Substanz, welche die vor Ort tätigen Beamten dem Augenschein nach als Schwarzpulver identifizierten. Das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung steht noch aus. Nach Angabe der Jugendlichen handelte es sich jedoch um herkömmlichen Quarzsand für ein Berufsschulprojekt.

Seit November 2008 leben die Jugendlichen in einer ständigen Bedrohungssituation. Die Opferberatung zählte von Oktober 2008 bis Dezember 2010 28 Fälle in denen Menschen in Limbach auf Grund ihrer nicht rechten Einstellung bedroht oder angegriffen wurden. Allein durch die sächsische Kleinstadt zu bummeln, ist für die jungen Erwachsenen mit den bunten Haaren und Dreadlocks kaum vorstellbar. Sie wurden durch die Straßen gejagt und durch Fußtritte und Faustschläge verletzt. Das Vertrauen in eine schnelle Hilfe durch die Polizei ist gesunken- zu oft wurde erlebt, dass die Polizei lange brauchte, um vor Ort zu sein oder auch gar nicht eintraf. Liegt es da nicht nahe, sich selbst zur Wehr zu setzen?

Die neue Qualität

Die Polizei berichtete am Dienstag, zwei Tage nach den Vorfällen, über die Ereignisse in Limbach. Jedoch schon am frühen Sonntag erschien auf der Website der Freien Presse ein ausführlicher Bericht mit dem Titel „Linke Selbstjustiz in Limbach-Oberfrohna“. Darin ist von einer neuen Qualität in der Stadt die Rede. Doch was ist das Neue?

Neu scheint, dass öffentlich Schuldige festgelegt und schwere Vorwürfe wie der Besitz von „Sprengstoff“ (Chemnitzer Morgenpost, 14.06.2011) erhoben werden, noch bevor Ermittlungsergebnisse vorliegen! Für die alternativen Jugendlichen wirkt das wie in einem schlechtem Film. Sie fragen sich, wie die schnelle Berichterstattung zustande kommt und vermuten Absprachen zwischen Presse, Stadtverwaltung und Polizei . Sie haben den Eindruck, dass in Limbach von dem eigentlichen Problem, der rechten Dominanz, abgelenkt und diesem das Schreckgespenst „organisierte Linksextremisten“ gegenübergestellt werden soll.

Wer sind diese Jugendlichen aus der Sachsenstraße?

Sie stehen ein für demokratische Werte und wurden für diese Arbeit für den sächsischen Demokratiepreis nominiert. Die Gruppe ist eine der wenigen Leuchttürme in einer Stadt, in der wöchentlich Andersdenkende von Neonazis angegriffen werden und ein entschiedenes Eintreten der Stadtspitze gegen rechte Gewalt und Dominanz nur schwer zu erkennen ist.

Wie weiter?

Was die Limbacher Jugendlichen jetzt brauchen, ist Solidarität und Vertrauen in ihre Darstellung. Dabei unterstützt sie vor allem die gute journalistische Arbeit der überregionalen Medien, die die Ereignisse vom Pfingstwochenende nicht ungeprüft übernehmen , sondern professionell recherchieren und berichten.

Was zudem gebraucht wird, sind schnelle Ergebnisse aus dem Labor, welches das vermeintliche Schwarzpulver untersuchen soll und eine ebenso schnelle und neutrale Ermittlungsarbeit der Polizei. Offen bleibt, wie sich Polizei, Presse und Verwaltung verhalten, wenn sich die Darstellungen der Jugendlichen bestätigen. An eine Entschuldigung glaubt in der Sachsenstraße jedoch keiner.

Quelle: http://www.raa-sachsen.de/index.php?view=article&id=1496&format=pdf&Itemid=32&option=com_content

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