Hätten die Verantwortlichen eine kritischere Perspektive einnehmen wollen, wäre ihnen wahrscheinlich aufgefallen, dass die von ihnen angesprochene Arbeit eben aktuell nicht mehr wert ist. Zuviel "wir" im Aufruf, zuwenig emanzipatorische Perspektive an sich. Dass die kapitalistische Logik hier keinewegs in Frage gestellt wird und damit eine Befreiung des vergesellschafteten Individuums aus dem Verwertungsprozess nicht das Ziel des Aufrufs ist, zeigt, wie weit die deutsche Realität davon entfernt ist, progressive Perspektiven für die Lösung der Krise und die Ablösung vom Kapitalismus vorzuhalten.
Eine Argumentation kann mensch dem Text abnehmen, nämlich dass die Infragestellung der derzeitigen Verhältnisse vermehrt in Richtung Neonazismus, Sozialchauvinismus und damit der üblichen deutschen Logik volkt – die Abwehr der kapitalistischen Realität mit der Abkehr vom Individuum.
Im Folgenden der Aufruf des Bündnisses "Mehr Wert Sachsen" zur Demonstration am 16.06.2010 in Dresden. Inhaltliche Vertiefung erwünscht.
Wir sind mehr wert!
Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf!
Milliarden Euro kürzen, zehntausende Stellen streichen – die
Staatsregierung plant bei Kitas, Schulen, Hochschulen, im Jugend- und
Sozialbereich, Kultur und bei der Polizei die massivsten Einschnitte
seit 20 Jahren. Dagegen müssen wir uns gemeinsam wehren!
Die Staatsregierung will den nächsten Landeshaushalt auf einen Schlag
um 1,7 Milliarden Euro kürzen. In den kommenden Jahren sollen 17.000
Stellen abgebaut werden. Damit setzt sie die die Zukunft und die Bildung
von hunderttausenden Kindern, SchülerInnen, Studierenden, Jugendlichen
und Benachteiligten aufs Spiel. Ihre Chancen sind mehr wert!
Die Staatsregierung gefährdet die Arbeit von zehntausenden
ErzieherInnen, LehrerInnen und PolizistInnen sowie die Existenz von
WissenschaftlerInnen, SozialarbeiterInnen,Kulturschaffenden und allen
Beschäftigten der betroffenen Einrichtungen. Ihre Arbeit ist mehr
wert!
Für diese kurzfristigen Einsparungen müssen wir alle später doppelt
draufzahlen. Denn
hier zu sparen, bedeutet für die Zukunft weniger Bildung, weniger
Sozialarbeit, weniger
Kultur aber mehr Arbeitslosigkeit, mehr Kriminalität und mehr
Rechtsextremismus.
Dabei sind die Kürzungen keineswegs so unumgänglich, wie es die
Regierung darstellt.
Wir sind mehr wert! Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf!
Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen, sondern
fordern:
- alle Kürzungen in Bildung, Sozialem, Kultur im laufenden
Haushaltsjahr 2010 zurücknehmen! - keine Mittelkürzungen und Stellenstreichungen bei Bildung,
Jugend, Soziales und Kultur im Landeshaushalt 2011/12! - Kitas, Schulen, Hochschulen, Studentenwerke sowie Jugend-,
Sozial- und Kultureinrichtungen angemessen ausstatten!