Für aktive Jugendkultur – gegen Politik des Verharmlosens und Verdrängens
Hörte mensch in den vergangenen Wochen außer Antisemitismus, Niemands-Absicht-Mauerbau, Fidele Glückwünsche und Stasi everywhere nicht wirklich viel von der „Partei der sozialen Gerechtigkeit“, scheint zumindest die sächsische Landtagsfraktion noch in Teilen arbeitsfähig.
Anlässlich des Regionaltages des Arbeitskreises für Verfassung, Recht, Inneres und Europa der Fraktion der LINKEN im Sächsischen Landtag am 25. August 2011 in Limbach-Oberfrohna wurde im Rahmen der Abendveranstaltung zum Thema „Berechtigung und Notwendigkeit des zivilgesellschaftlichen Widerstandes gegen neonazistische und sonstige Spielarten der extremen Rechten in Sachsen“ folgende Erklärung verabschiedet:
Aus Erfahrung wissen wir, dass nur eine offene und demokratische Gesellschaft, die die Bürgerinnen und Bürger bereits im Vorfeld von Entscheidungsprozessen aktiv einbezieht, in der Lage ist, den Herausforderungen durch die Ideologien der Ungleichwertigkeit, durch Rassismus, Nationalismus und offenen Neonazismus wirksam zu begegnen. Gewaltakte sind regelmäßig erst die letzte Stufe einer langen Entwicklung. Ist dieses Stadium erst einmal erreicht, dann wird deutlich, dass erhebliche Defizite in der Kommunalpolitik einer Stadt vorliegen. Wird zu spätestens diesem Zeitpunkt nicht versucht, diesem Problem zu begegnen, droht sich die Lage zu verfestigen und weiter zu verschärfen. Mit großer Sorge sehen wir, dass dieser Zustand in der Stadt Limbach-Oberfrohna seit längerer Zeit erreicht ist. Es finden immer wieder Treffen von Organisationen der extremen Rechten statt. Die NPD ist kommunalpolitisch vor Ort verankert. Die Szene der Freien Kameradschaften hat in der Kommune Ausstrahlungskraft auf gewalttätige Neonazis aus anderen Städten und Landkreisen entwickelt. Folgerichtig nimmt Limbach-Oberfrohna seit mehreren Jahren einen Spitzenplatz in der Kriminalstatistik bei „politisch motivierter Kriminalität – rechts“ ein. Mit Befremden und Unverständnis sehen wir, dass die Stadtverwaltung und besonders die CDU vor Ort über lange Zeit versucht haben, diese Entwicklung zu leugnen oder zu verharmlosen. Diese Tendenz ist ungebrochen. Oberbürgermeister, Präventionsbeauftragter und CDU/FDP-Mehrheit im Stadtrat haben noch immer keine langfristigen und nachhaltigen Konzepte zur Minderung der Problemlage entwickelt. Noch immer haben viele Verantwortliche nicht begriffen, dass das Problem nicht kritische Berichte in den Massenmedien sind, sondern Aktivitäten und Gewaltakte von Neonazis, die selbst im Freistaat Sachsen herausgehobene Bedeutung haben. Wir verwahren uns gegen den Versuch der Stadtspitze, jenen eine Mitverantwortung für die kritische Lage zuzuschieben, die sich aktiv und engagiert sowie mit erheblicher Gefahr für Leib und Leben in Limbach-Oberfrohna gegen die anhaltende Gefahr von Rechtsaußen einsetzen. Wir haben mit Befriedigung gesehen, dass sich die Polizei bemüht, die Defizite in ihrer Arbeit in der Kommune zu beseitigen. Wir haben allerdings kein Verständnis dafür, dass sie sich durch ihre Pressearbeit an den Versuchen zur Kriminalisierung jener jungen Menschen beteiligt, die alternative Kulturangebote für jene zur Verfügung stellen, die sich dem Werben der extremen Rechten verweigern. Wir bedauern es ausdrücklich, dass der Präventionsbeauftragte der Stadt in diesem Zusammenhang seiner Aufgabe nur unzureichend nachkommt. Wir bekunden in diesem Zusammenhang all jenen unseren Respekt, besonders der „Sozialen und politischen Bildungsvereinigung Limbach-Oberfrohna e.V.“, die ein friedliches Miteinander fördern, den vorherrschenden rechten Mainstream sowie gewaltverherrlichende und menschenverachtende Strukturen in der Gesellschaft zurückzudrängen versuchen und an der Vermittlung demokratischer Werte arbeiten. Das „Stay Rebel“-Festival hat gezeigt, dass diese Arbeit gut angenommen wird. Auch hierbei wünschen wir uns eine bessere Unterstützung durch das Rathaus. Es wäre fatal, wenn diese jungen Menschen den Eindruck bekämen, ihr Engagement sei unerwünscht. Wir hoffen, dass Stadtverwaltung und Ratsmehrheit künftig stärker auf die Erfahrung und die Kompetenz der Opferberatung RAA und des Mobilen Beratungsteams des Kulturbüros Sachsen zurückgreifen werden. Wir erwarten, dass stärker als in der Vergangenheit die Bürgerinnen und Bürger in die Aufgabe der Zurückdrängung menschenfeindlichen Gedankengutes einbezogen werden. Wir sehen es als dringlich an, dass der Oberbürgermeister sich dabei entschieden und öffentlich an die Spitze stellt, die Initiativen alternativer Jugendkultur in seiner Stadt fördert und die notwendige Unterstützung durch die Staatsregierung einfordert. Wir als Mitglieder der Fraktion der LINKEN im sächsischen Landtag bekunden unsere Solidarität mit den Opfern rechter Gewalt in der Stadt und versichern, dass wir alle Möglichkeiten unserer Landtagsarbeit zu ihrer Unterstützung nutzen werden. Wir wissen aus unserer Erfahrung in zahlreichen anderen Kommunen, dass nur eine offene und offensive Auseinandersetzung mit dem Problem zu einer Verbesserung der Situation führen kann. Wir wünschen allen Beteiligten und der Stadt Limbach-Oberfrohna, dass dabei baldmöglichst deutliche Fortschritte erzielt werden.