Gegen den Papstbesuch in Berlin



Aufruf

WHAT THE FUCK – Gegen den Papstbesuch in Berlin

Am 22. September wird Joseph Aloisius Ratzinger Berlin besuchen. Das
verdiente an sich keine große Aufmerksamkeit, wenn er nicht von vielen
hundert Millionen Verblendeter als „Benedictus PP. XVI“, als
Stellvertreter eines übermenschlichen Wesens auf der Erde, angesehen und
verehrt würde. Was sich anhört wie ein UFO-Kult, ist im Falle der
Katholischen Kirche leider traurige Realität.

Wir nehmen den Besuch dieses Menschen also zum Anlass, unsere
grundsätzliche Kritik an Religion, an der Katholischen Kirche im
Speziellen und an diesem Papst im Besonderen Ausdruck zu verleihen und
rufen hiermit dazu auf, diese Kritik auf der Straße und bei den
verschiedenen Veranstaltungen zu verdeutlichen. Denn Joseph Ratzinger ist
ein Mensch, dessen Denken und Äußerungen sich großzügig aus dem Pool
reaktionärer Ideologien speisen. Antisemitismus, Sexismus, Homophobie und
Rassismus sind die tragenden Pfeiler seines erzreaktionären Weltbildes.
Wenig verwunderlich also, dass ausgerechnet er sich an der Spitze eines
Systems wiederfindet, das seit Jahrhunderten die Herrschaft von Menschen
über Menschen bereitwillig legitimiert und die Gegnerschaft zu
Emanzipation und befreiter Gesellschaft verkörpert wie kaum ein anderer.
Ein System, das bekämpft und zurückgedrängt gehört. Diese Entmachtung der
Religion wurde trotz Aufklärung und vermeintlicher Säkularisierung
bürgerlicher Gesellschaften längst noch nicht erreicht. Bis zur
Verwirklichung der befreiten Gesellschaft gar, ist es noch ein steiniger
Weg, die „Katholische Kirche“ ist dabei jedoch einer der größeren Brocken,
die im Weg liegen. Einer, dessen Tritt in den Rinnstein der Geschichte
längst überfällig ist.

„Für Deutschland ist die Kritik der Religion im wesentlichen beendigt, und
die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik.“

Leider hat sich Marx auch im ersten Halbsatz seiner Kritik der Hegelschen
Rechtsphilosophie grundsätzlich geirrt. Dem zweiten hingegen können wir
vollständig zustimmen: Für jegliche Gesellschaftskritik ist die Kritik der
Religion eine unhintergehbare Grundlage. Wer davon ausgeht, dass ein
übersinnliches und allmächtiges Wesen die Welt erschaffen hat und die
Geschicke der Menschen lenkt oder zumindest beeinflusst, kann keine
grundsätzliche Kritik an der Einrichtung der Welt leisten, weil sie ja
gottgewollt sei. Im Gegenteil, Religion und Kirche spielen als
ideologische Momente eine entscheidende Rolle bei der Legitimierung der
bestehenden Verhältnisse. Anstatt die schlechte Einrichtung der
Gesellschaft für das immer noch bestehende Leiden auf der Welt
verantwortlich zu machen, verstehen insbesondere katholische Christ_innen
es als eine Folge der Schlechtigkeit des Menschen, die sich im
„Sündenfall“ gezeigt hat. Diese „Ursünde“ des Menschen muss nach
katholischer Lehre bis heute bei jedem Menschen erneut durch die Taufe
getilgt werden. Die Vorhölle immerhin, in der ungetaufte Kinder aufgrund
der „Erbsünde“ bis 2006 noch verschwanden, hat Ratzinger 2007 abgeschafft.

Solche und andere reaktionäre Positionen begründen christliche
Fundamentalist_innen jeglicher Couleur mit Zitaten aus der Bibel, einer
Schriftensammlung von Texten aus mehreren Jahrhunderten. Dabei werden – je
nach Interessenslage – aus einzelnen Sätzen, die vor über tausend Jahren
verfasst wurden, Regeln erstellt, wie die heutigen Menschen ihre
Lebensführung und insbesondere ihre Sexualität zu gestalten haben. Dass
die Auswahl dabei willkürlich ist und sich für die gängigen Predigten auf
einige dutzend beschränkt, während andere komplett ignoriert werden, wird
häufig nicht zur Kenntnis genommen. Das Verbot der Homosexualität
beispielsweise bezieht sich hauptsächlich auf einen Satz im 3. Buch Mose,
18:22. Dass drei Sätze vorher Männern auch verboten wird, mit Frauen zu
verkehren, die ihre Regel haben, hat hingegen keinen großen Einfluss auf
die gegenwärtig von der Kirche geforderte Lebensführung, genau wie das
Verbot Hummer oder andere Schalentiere zu essen (3. Buch Mose, 11:10) oder
sich den Bart abzurasieren (3. Buch Mose, 19:27), die alle im gleichen
Buch stehen. Und so muss der Bibeltext als eine Art Selbstbedienungsladen
verstanden werden, mit dem die Kirche über die Jahrhundert hinweg ihre
reaktionäre Vorstellung vom Leben mit „göttlichen“ Weihen versehen hat.
Sä-ku-la-ri… HÄH???

Die Verknüpfung von Religion und Herrschaft und in diesem Sinne von
Religion und Staat ist auch nach der europäischen Aufklärung eine
symbiotische geblieben. Nicht, dass wir Fans des staatlichen
Gewaltmonopols und seiner Apparate wären. Im Gegenteil, wir lehnen diese
moderne Herrschaftsform in aller Eindeutigkeit ab. Jedoch würde der
säkulare Staat immerhin das Objekt der Kritik darstellen, das einer
aufgeklärten liberal-kapitalistischen Gesellschaft angemessen wäre. Die
Annahme säkularer moderner Staaten muss jedoch für die meisten Staaten der
Welt zurückgewiesen werden.

Im europäischen Kontext hat die Kirche jahrhundertelang Knechtschaft und
absolute Herrschaft legitimiert und noch bis heute schwört die große
Mehrheit der deutschen Beamt_innen, Minister_innen und nicht zuletzt der
Bundeskanzler_innen ihren heiligen Eid auf die Bibel, seit einigen Jahren
immerhin freiwillig. Von Säkularisierung kann also keine Rede sein. Für
die Bundesrepublik Deutschland gilt das in vielfacher Hinsicht.

Die beiden großen kirchlichen Wohlfahrtsverbände stellen die größten
privaten Arbeitgeber in Deutschland dar, mit jeweils knapp einer halben
Million Beschäftigten. Für diese gelten besondere arbeitsrechtliche
Einschränkungen. Entgegen der in Artikel 9 des Grundgesetzes sogar seitens
des bürgerlichen Staates immerhin gewährten Freiheit, sich zu
Gewerkschaften zusammenzuschließen, können die Angestellten Gottes diese
Freiheit nicht genießen. Denn mit Bezug auf das in Artikel 140 festgelegte
Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften nehmen diese
erfolgreich Sonderrechte und Privilegien für sich in Anspruch.
Gewerkschaftsfreiheit und Betriebsräte sind prinzipiell untersagt,
besondere Kündigungsgründe wie Scheidung, Homosexualität oder
Kirchenaustritt sind gegeben. Begründet werden diese deutlichen
Wettbewerbsvorteile auf dem sehr weltlichen Arbeitsmarkt mit der
vermeintlich besonderen Verbundenheit der Beschäftigten in der
„kirchlichen Dienstgemeinschaft“.

Über den katholischen Caritas-Verband werden Krankenhäuser, Altersheime,
Pflegeheime und andere „Fürsorge“-Einrichtungen unterhalten. In diesem
Bereich besteht sogar eine Dominanz der kirchlichen Träger. Das Geld
hierfür bringt die Katholische Kirche allerdings nicht selbst auf.
Vielmehr kann sie sich durch die Weiterleitung und Verwaltung staatlicher
Mittel als große Wohltäterin aufspielen.

Darüber hinaus betreibt die Katholische Kirche – ebenfalls größtenteils
auf Staatskosten – Kindertagesstätten, Kinderheime, Schulen und
Universitäten. In solchen „Bildungseinrichtungen“ wurden und werden
Generationen von Menschen durch autoritäre Erziehungsmethoden und
reaktionäre Wertvorstellungen zu- und zu Grunde gerichtet. Katholischer
Religionsunterricht ist, gestützt durch Artikel 7 des Grundgesetzes,
ordentliches Lehrfach an den meisten deutschen Schulen. Auch in anderen
zentralen staatlichen Aufgaben ist eine Trennung von Staat und Kirche in
keinster Weise gegeben: Eine der zentralsten Aufgaben staatlicher
Souveränität ist die Erhebung von Steuern von seinen Untertanen. Diese
Souveränität wird in Deutschland auch den beiden großen christlichen
Kirchen gewährt, der Staat selbst zieht die „Kirchensteuer“ ein. Die
Mehrheit der staatlich festgelegten Feiertage ist christlichen Ursprungs.
Hier wird der Eingriff in bürgerliche liberale Traditionen besonders
deutlich: Der Tag, an dem Geschäfte – in der Regel – schließen müssen, ist
immer noch der Tag, an dem das allmächtige Wesen, nachdem es die Welt in
sechs Tagen erschaffen hatte, sich dann doch mal ausruhen musste. (Mit
dieser These wird noch heute von Ratzinger persönlich die
Evolutionstheorie abgelehnt und dagegen der „Kreationismus“ oder das
„intelligent design“ in Anschlag gebracht.) Der Ruhetag soll der sein, an
dem die Menschen die Kirche aufsuchen. Ein besonders abstruses Beispiel
für die Einschränkung individueller Grundrechte ist das immer noch in der
ganzen Bundesrepublik herrschende Tanzverbot an Karfreitag, das
insbesondere in den katholisch geprägten deutschen Bundesländern durch die
Polizei als Repräsentantin staatlichen Gewaltmonopols auch gewaltförmig
durchgesetzt wird. Religiös begründete Eingriffe in die Lebensgestaltung
bleiben dann auch nicht auf den arbeitsrechtlichen und fiskalischen
Bereich, auf Bildung, Erziehung oder Pflege oder die verordnete Deckelung
des musikalischen Bewegungsdranges beschränkt, sondern beschneiden in
elementarer Weise auch den privatesten aller Lebensbereiche: die
Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Betroffen sind in erster Linie
Frauen, denn anders als oft angenommen, gilt eine Abtreibung in der BRD
weiterhin als Straftat, die nur unter bestimmten Voraussetzungen nicht
strafrechtlich verfolgt wird. Rigide Sexualmoral und das Ideal der
bürgerlichen Kleinfamilie sind nicht nur unverzichtbare Bestandteile des
erzkonservativen Weltbildes der Katholischen Kirche, sondern finden ihre
Entsprechung bis heute in abgemilderter Form auch in der deutschen
Gesellschaft. Der prinzipielle Vorrang des „Schutz des ungeborenen Lebens“
gegenüber dem Recht von Frauen, über ihr Leben und ihren Körper selbst zu
bestimmen, ist bis heute in Paragraphenform gegossene reaktionäre deutsche
Wirklichkeit. Katholische Würdenträger vergleichen die weltweit
vorgenommenen Abtreibungen immer wieder mit Auschwitz. So musste Ratzinger
seinen Vorgänger in Schutz nehmen, nachdem dieser in einem Buch schrieb,
zwar habe die Vernichtung der Jüdinnen und Juden nach dem Sieg über
Nazi-Deutschland aufgehört, „was jedoch fortdauert, ist die legale
Vernichtung gezeugter, aber noch ungeborener menschlicher Wesen.“.
Ratzinger betonte, sein Vorgänger habe nur davor warnen wollen, dass auch
Demokratien nicht immun seien gegen das Böse. Dass
christlich-fundamentalistische „Lebensschützer_innen“ abtreibungswillige
Frauen und Ärzt_innen, die solche durchführen, systematisch verleumden,
einschüchtern und bedrohen, ist dann nur eine folgerichtige Zuspitzung
dieses theologischen Standpunkts. In mehreren Städten im deutschsprachigen
Raum veranstalten die Abtreibungsgegner_innen Jahr für Jahr so genannte
„1000 Kreuze“-Märsche, mit denen der abgetriebenen Kinder gedacht werden
soll; in Berlin in diesem Jahr am Wochenende vor dem Papstbesuch.
Ni dieu, ni maître

„Weder Gott noch Herrschaft“ hatten sich folglich schon die frühen
französischen Anarchist_innen auf die Fahnen geschrieben. Die
Notwendigkeit einer linksradikalen Kritik an Staat und Religion als
verschiedene Verkörperungen von Herrschaft waren mal präsenter als heute.
Denn die Durchsetzung religiöser Regeln mittels Gewalt hat eine Tradition,
die bis in die Gründung des Christentums zurückreicht. Insbesondere die
Katholische Kirche hat kaum eine Möglichkeit, Menschen zu töten, zu
foltern und zu knechten ausgelassen. Die ganze christliche Welt war
durchzogen von religiösen Regeln und Prinzipien, gegen die aufzubegehren
beinahe unmöglich war. Die katholischen Inquisitoren, deren
Nachfolgeorganisation Ratzinger leitete, bevor er befördert wurde, gingen
seit dem zwölften Jahrhundert gegen „Ketzer“, „Häretiker“ und später auch
gegen „Hexen“ vor. Ihnen fielen viele tausend Menschen zum Opfer. Die
katholischen Kreuzritter folgten dem Ruf ihres „Papstes“ und führten
jahrzehntelange Kriege gegen ihre muslimischen Gegner. Unterwegs
verwüsteten sie alles, was ihnen nicht christlich genug erschien. Auch
zahlreiche antijudaistische Pogrome gehen auf ihr Konto.

Über „Missionierungen“ war die Katholische Kirche maßgeblich an der
imperialen Ausdehnung Europas beteiligt und lieferte mit der ideologischen
Formel der Erziehung der „gottlosen Wilden“ zu „gläubigen Christen“ eine
relevante Legitimationsstrategie. Von der „Entdeckung Amerikas“ bis zur
Kolonialisierung großer Teile Afrikas und Asiens, überall war die
Katholische Kirche vorne mit dabei.

Die Unterstützung staatlicher Herrschaft kann in den allermeisten Fällen
als eine historische Regel angesehen werden. Selbst im Nationalsozialismus
strebte die Kirchenleitung zuerst danach, die eigenen Vorrechte zu
sichern. 1933 schloss sie das Reichskonkordat ab, in dem das Verhältnis
des nationalsozialistischen Staates zur Kirche geregelt wurde, unter „Pius
XII“ wurden ab 1939 Möglichkeiten der öffentlichen Kritik am
Nationalsozialismus weiter eingeschränkt. Trotz Kenntnis konnte sich die
Kirchenleitung nicht zu einer Erfüllung der alliierten Bitten nach einer
deutlichen öffentlichen Verurteilung des nationalsozialistischen
Vernichtungskrieges und des Holocaust durchringen.

Nachdem „Pius XII“ das Reichskonkordat mit ausgearbeitet hatte und bereits
1931 der Zentrumspartei nahegelegt hatte, mit der NSDAP zu koalieren sowie
die faschistischen Regimes in Portugal, Spanien, Italien, Kroatien und der
Slowakei unterstützte, war eigentlich auch nichts anderes zu erwarten. Ihm
wird auch vorgeworfen, dass er das Manuskript einer Enzyklika zur
Verdammnis des Antisemitismus von 1939, die sein Vorgänger „Pius XI“
verfasst hatte, in den Archiven verschwinden ließ. Allzu kritisch kann
diese Enzyklika allerdings nicht gewesen sein, noch 1928 wurde unter „Pius
XI“ die innerkirchliche Gruppe Amici Israel aufgrund der
„besorgniserregenden, irrigen und gefährlichen Wendung“, die sie genommen
hätte, aufgelöst. Danach ließ der Vatikan in einem offiziellen Papier
klarstellen, dass ‚die Juden‘ die Drahtzieher aller Revolutionen seit 1789
gewesen seien und „als eigentliche Oberhäupter okkulter Sekten Pläne zur
Eroberung der Weltherrschaft“ schmiedeten. Die lange christliche Tradition
des Antijudaismus wurde also nicht nur fortgeführt, sie mündete ebenfalls
in einem explizit modernen Antisemitismus.
What the Pope ?!?

In der Tradition dieses Weltbildes müssen auch zahlreiche der Äußerungen
verstanden werden, die der jetzige Papst im Laufe seines Lebens abgeseiert
hat. Ein paar Beispiele: In einer öffentlichen Debatte mit dem
Journalisten Vottorio Messori äußerte sich Ratzinger zur Frage, warum der
Nationalsozialismus und der Faschismus insbesondere in katholisch
geprägten Ländern solch großen Zuspruch erfahren habe, folgendermaßen:
„Die giftigen Keime des Nationalsozialismus sind nicht die Frucht des
österreichischen und süddeutschen Katholizismus, sondern allenfalls der
dekadenten und kosmopolitischen Atmosphäre Wiens am Ende der Monarchie.“
Wer es nicht weiß, Wien galt zu dieser Zeit als Hochburg jüdischen Lebens
im deutschsprachigen Raum, Dekadenz und Kosmopolitismus sind zentrale
antisemitische Topoi. Auch das seit 2007 voran getriebene Verfahren zur
Seligsprechung „Pius XII“, die Wiederaufnahme der antijudaistischen
Oster-Liturgie und die Heimholung der Bischöfe der klerikalfaschistischen
Pius-Bruderschaft – unter ihnen der Holocaust-Leugner Richard Williamson –
in den Schoß der Kirche müssen in dieser Hinsicht interpretiert werden.

Auch alle anderen Aspekte eines Weltbildes, das sogar innerhalb der
Katholischen Kirche als reaktionär gelten kann (und das will was heißen),
finden sich bei Ratzinger versammelt. In einem Papier über die
„Zusammenarbeit von Mann und Frau“ von 2004 beklagte Ratzinger, dass diese
„Anthropologie [die gender studies], die Perspektiven für eine
Gleichberechtigung der Frau fördern und sie von jedem biologischen
Determinismus befreien wollte, inspiriert in Wirklichkeit Ideologien, die
zum Beispiel die Infragestellung der Familie, zu der naturgemäß Eltern,
also Vater und Mutter, gehören, die Gleichstellung der Homosexualität mit
der Heterosexualität sowie ein neues Modell polymorpher Sexualität
fördern.“ Dem stellte das Papier die zwei Rollen gegenüber, die die
katholische Kirche für „Frauen“ vorgesehen hat: Jungfräulichkeit und
Mutterschaft. Auch die Angst, dass er bald nicht mehr sagen dürfe, dass
„Homosexualität, wie die Katholische Kirche lehrt, eine objektive
Ordnungsstörung im Aufbau der menschlichen Existenz bedeutet“, treibt den
Papst um. Und kleine Latex-Säckchen verfolgen ihn offenbar bis in den
Fieberwahn. Befragt zur AIDS-Gefahr auf dem afrikanischen Kontinent und
die Möglichkeit der Benutzung von Kondomen erklärte er 2009: „Ihre
Benutzung verschlimmert vielmehr das Problem“. Er wähnt die Lösung dagegen
im „moralisch richtigen Verhalten“. Der von ihm angeprangerte
„Sittenverfall“ ist für Ratzinger weder in Afrika, noch in Europa
aufzuhalten. So beklagte er 2004, dass es dem „inneren Absterben Europas
entspricht“, dass „auch ethnisch Europa auf dem Weg der Verabschiedung
begriffen erscheint.“ Dem lässt sich kaum noch was hinzufügen. Obwohl sich
für dies alles gleichzeitig noch Dutzende Beispiele mehr anführen ließ
ließen.
Du bist echt mal Deutschland!!!

Ratzinger ist also ein zutiefst reaktionärer, lust- und
menschenfeindlicher Mensch. Dass die BILD- Zeitung „Wir sind Papst“
titelte erscheint da nur folgerichtig. Als Deutscher erfüllt er dann sogar
deutsche Wünsche, die eben nur ein zutiefst deutscher „Papst“ erfüllen
kann. In guter deutscher Tradition des sekundären Antisemitismus sucht er
schon mal die Ursache für den Antisemitismus bei den Juden, wenn bei der
Eröffnung der Oberammergauer Passionsspiele die stete und vollkommen
zutreffende Kritik, das dort Gezeigte sei antisemitisch, brüsk
zurückweist: „Man kann Antisemitismus auch herbeireden; auch das sollte
bedacht werden; deshalb möchte ich alle, insbesondere unsere jüdischen
Freunde bitten, mit dem Vorwurf des Antisemitismus aufzuhören.“ Während
selbst der nicht besonders geschichtsbewusste Gerhard Schröder den Besuch
des Soldatenfriedhofs in La Cambe im Anschluss an die 60.
D-Day-Feierlichkeiten mit Hinweis auf die dort begrabenen SS-Leute
vermied, ging Ratzinger wieder in die Vollen und sprach über die toten
deutschen Nazis: „Es muss uns als Deutsche schmerzlich berühren, dass ihr
Idealismus und ihr Gehorsam dem Staat gegenüber von einem ungerechten
Regime missbraucht wurden. Aber das entehrt diese jungen Menschen nicht.“
Ach so. Missbraucht wurden sie, zu den Massakern, bei denen sie in
Frankreich tausende Zivilist_innen ermordeten. Und wer war schuld? „Der
Vertrag von Versailles hat ganz bewusst Deutschland demütigen wollen“. Ah,
jetzt verstehen wir. „Auge um Auge. Zahn um Zahn – das führt nicht zum
Frieden. Wir haben es gesehen.“ Na klar!!! Den vorläufigen Schlusspunkt
für diese Art des deutschen Gewissens und für die Komplettierung des
sekundären Antisemitismus setzte er bei einer Polen-Reise im staatlichen
Museum Auschwitz 2006: Er komme „als Sohn des Volkes, über das eine Schar
von Verbrechern mit lügnerischen Versprechungen, mit der Verheißung der
Größe, des Wiedererstehens der Ehre der Nation und ihrer Bedeutung, mit
der Verheißung des Wohlergehens und auch mit Terror und Einschüchterung
Macht gewonnen hatte, so dass unser Volk zum Instrument ihrer Wut des
Zerstörens und des Herrschens gebraucht und missbraucht werden konnte.“
Die geradezu prototypische Täter_innen/ Opfer-Umkehrung, den Jüdinnen und
Juden die Schuld an ihrer eigenen Verfolgung anzulasten und die Entsorgung
der deutschen Geschichte mittels der Mär der von der verbrecherischen
„Führer- Clique“ verführten unschuldigen deutschen Wehrmacht und
Bevölkerung, verleiten geradezu der BILD Recht zu geben:
Joseph, du bist echt mal Deutschland!!!

Noch steht das Programm für den Berlin-Besuch von Ratzinger nicht
endgültig fest. Fest steht jedoch, dass die Katholische Kirche und ihre
Fans nichts unversucht lassen werden, dem ersten Besuch des deutschen
„Papsts“ in der deutschen Hauptstadt, einen möglichst würdevollen und
pompösen Rahmen zu verleihen. Wir rufen alle Freund_innen von Emanzipation
und befreiter Gesellschaft dazu auf, Ratzinger und seinen Groupies die
Show zu versauen. Gönnen wir ihnen keine ruhige Minute.
Der Papst in Berlin? What the Fuck! Gegen Antisemitismus, Sexismus,
Homophobie und den ganzen anderen Scheiß – Für die befreite Gesellschaft
und die Emanzipation der Individuen aus all ihren Zwängen!!!
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