Mittwoch, 06.10.2010, 19:00 AJZ Chemnitz mit Martin Dornis
Die Erklärung der Menschenrechte gelten fast allen, die gegen Diskriminierungen eintreten als Grundlage, auf die es sich für ein humanes Zusammenleben zu berufen gilt. Im Lichte weltweiter Ausbeutung, Gewalt, Krisen und Kriegszustände wirkt ihre Anrufung aber zunehmend nicht nur ohnmächtig sondern offenbart häufig auch ihren zutiefst gespaltenen Charakter.
Ohne Staat ist kein Recht denkbar, angesichts von Krisen und Kriegen wirkt dieser Garant aber immer weniger glaubhaft, weshalb so manche BürgerInnen ihr Menschenrecht, so wie ihre eigene und gegenseitige Ausbeutung und Unterdrückung, gern selbst in die Hand nehmen und zu Selbstjustiz, Hassprojektionen und Aktionen greifen.
Welche Bedeutung haben die Menschenrechte für die bürgerliche
Gesellschaft und welche Auswirkungen hat ihre Krisenhaftigkeit? Welche Rolle spielen Antisemitismus und Antizionismus für dieses
widersprüchliche Denken?
Der Vortrag folgt der Entwicklung der Konzeption der Menschenrechte von ihrem Beginn in der französischen Revolution und dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Sie diskutiert ihren widersprüchlichen Charakter, der allen Menschen universell Freiheit zusprechen wollte und sie doch nur partikular eingestehen konnte. Sie geht bis hin zu Hitlers Parole, der zufolge Menschenrecht das Staatsrecht brechen sollte. Im Zentrum steht einerseits die Diskussion des Übergangs von vormoderner, direkter hin zu versachlichter Herrschaft – die untrennbar mit dem Siegeszug der Menschenrechte verbunden ist-, andererseits die Transformation der Menschenrechte in eine Waffe des Antisemitismus. Die Menschenrechte waren immer schon Ideologie. Aber dereinst bestand ihr ideologischer Charakter darin, dass sie eine freie Menschheit versprachen ohne sie zu garantieren, sondern vielmehr Ausbeutung und Herrschaft in
versachlichter Form fortzuschreiben. Heute wollen die MenschenrechtlerInnen dem einzig legitimen Staat der Welt an den Kragen, womit sie den inhumanen Kern ausplaudern, der den Menschenrechte seit je innewohnte.
Eine wirklich durchgeführte Befreiung von Ausbeutung und Herrschaft kann es daher nur jenseits der gewaltförmigen Vergleichung von Individuen zu freien und gleichen Staatssubjekten geben.