Kon­ser­va­ti­ves Den­ken bre­chen – Pro­vin­zen al­ter­na­tiv ge­stal­ten.

… als Provinz also abzuschaffen… hallt’s vollmundig aus Mittelsachsen:

Für eine eman­zi­pa­to­ri­sche Ge­sell­schaft!

Was heißt ei­gent­lich Kon­ser­va­tis­mus? Kon­ser­va­ti­vis­mus ist – neben dem Li­be­ra­lis­mus und dem So­zia­lis­mus – einer der drei gro­ßen po­li­ti­schen Ideo­lo­gi­en bzw. Welt­an­schau­un­gen. Er ent­stand als Re­ak­ti­on auf die Fran­zö­si­sche Re­vo­lu­ti­on. Es gibt ver­schie­de­ne kon­ser­va­ti­ve Strö­mun­gen, die al­le­samt eines ge­mein­sam haben: das Ziel, die be­ste­hen­den po­li­ti­schen, kul­tu­rel­len und so­zia­len Zu­stän­de zu be­wah­ren, so­lan­ge nicht etwas Neues als ein­deu­tig vor­zugs­wür­dig an­ge­se­hen wird. Aber es geht eben nicht nur um po­li­ti­schen Kon­ser­va­ti­vis­mus… Kon­ser­va­ti­ves Den­ken macht sich ge­samt­ge­sell­schaft­lich be­merk­bar und ist nicht nur ein Merk­mal ei­ni­ger po­li­ti­scher Strö­mun­gen. Kon­ser­va­ti­ves Den­ken ist weit ver­breitet und geht weit über die CDU-​Wäh­ler­schaft hin­aus. Wer kennt sie nicht – Sätze wie: „Aber das war doch schon immer so“, „Also frü­her hätte es so etwas nicht ge­ge­ben“ oder im schlimms­ten Falle noch „Da­mals hätte man Leute wie DIE weg­ge­sperrt“. Sie kom­men von un­se­ren El­tern und Groß­el­tern, vom Leh­rer, von un­se­rem Freund und Hel­fer, vom Feu­er­wehr­chef oder vom Opi an der Su­per­markt­kas­se. Genau diese Äu­ße­run­gen sind es, die für uns den In­be­griff von kon­ser­va­ti­ven Denk­mus­tern dar­stel­len.

Aber was genau stört denn nun ei­gent­lich daran?

Wenn Kon­ser­va­ti­vis­mus heißt, die be­ste­hen­den Ver­hält­nis­se auf allen Ebe­nen zu be­wah­ren oder beim An­blick der heu­ti­gen ge­sell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se in Nost­al­gie zu ver­sin­ken, weil „frü­her ja eh alles bes­ser war“, dann ist das für uns ein Zu­stand, der be­kämpft wer­den muss. Denn was sind denn die herr­schen­den Ver­hält­nis­se? Eine kor­rup­te Po­li­tik, die eher die In­ter­es­sen gro­ßer Lob­by­is­ten ver­tritt, als die der Men­schen und die po­li­tisch An­ders­den­ken­de mar­gi­na­li­siert und als ex­trem stig­ma­ti­siert. Eine deut­sche Leit­kul­tur, die Se­xis­mus, Ras­sis­mus, Xen­o­pho­bie, Ho­mo­pho­bie und Pa­trio­tis­mus als ihre Grund­pfei­ler sieht und dem Neuen und An­de­rem immer etwas miss­trau­isch be­geg­net. So­zia­le Ver­hält­nis­se, die Men­schen, die in die­ser Ge­sell­schaft nicht das große Los ge­zo­gen haben, als pa­ra­si­tär dif­fa­mie­ren, da sie nicht zur Re­pro­duk­ti­on der Ge­sell­schaft im ka­pi­ta­lis­ti­schen Ver­wer­tungs­sin­ne bei­tra­gen und von So­zi­al­leis­tun­gen ab­hän­gig ge­macht wer­den – somit ihr Leben nicht mehr selbst­be­stimmt leben kön­nen. Das sind die be­ste­hen­den Ver­hält­nis­se – Ver­hält­nis­se, die für uns schon lange nicht mehr trag­bar sind. Es geht uns eben nicht nur um die Nazis, die uns Tag für Tag ein Stück Le­bens­qua­li­tät neh­men, und die in einer Ge­sell­schaft, in der kon­ser­va­ti­ves Den­ken den Main­stream dar­stellt, leicht Fuß fas­sen kön­nen. Es geht uns eben auch um den Bür­ger, der weg­schaut, wenn der brau­ne Mob wie­der auf un­se­ren Stra­ßen mar­schiert, um den, der den Ge­mü­se­händ­ler um die Ecke immer noch als „Fit­schi“ be­zeich­net, um den, der den Punk im Park als aso­zi­al an­sieht, weil er eine an­de­re Fri­sur hat. Es geht um den Ar­bei­ter und An­ge­stell­ten, der Hartz-​IV-​ Be­zie­hern mit Hass ent­ge­gen tritt, weil diese sei­ner Mei­nung nach ja gar nicht ar­bei­ten wol­len und denen das Geld, für das er hart schuf­ten muss, hin­ter­her­ge­schmis­sen wird. Das dies meist nicht die ei­ge­nen Mei­nun­gen der Men­schen sind, son­dern die der Hetz­me­di­en, hin­ter­fragt in un­se­rer Ge­sell­schaft kaum je­mand. Es ist eben ein­fa­cher, sich der Mei­nung von An­de­ren an­zu­eig­nen, an­statt sich un­ab­hän­gig zu in­for­mie­ren und sich so ein ei­ge­nes Welt­bild zu ent­wi­ckeln. Durch sol­ches Den­ken, wird jedem Ver­such, einem al­ter­na­ti­ven Le­bens­ent­wurf zu fol­gen, seine Um­welt in­no­va­tiv und neu – ent­ge­gen der Tris­tesse – zu ge­stal­ten und an­de­re, frei­heit­li­che­re For­men von ge­sell­schaft­li­chen Zu­sam­men­le­ben, ohne Hier­ar­chi­en und Dis­kri­mi­nie­rung, zu ent­wi­ckeln, der Boden ge­nom­men.

Die Si­tua­ti­on in Burgstädt… Das Na­zi­pro­blem.

Schon in der Blü­te­zeit der mitt­ler­wei­le ver­bo­te­nen Neo­na­zi­ka­me­rad­schaft „Sturm 34“ kamen viele ak­ti­ve Mit­glie­der aus Burgstädt. Immer wie­der zeig­ten große Na­zi­grup­pen Prä­senz in der Stadt und mach­ten durch rech­ten Ter­ror vie­len Bür­gern das Leben zur Hölle. Ob­wohl die Ka­me­rad­schaft heute of­fi­zi­ell nicht mehr exis­tiert, sieht das Bild in Burgstädt nicht viel an­ders aus. Große Na­zi­grup­pen tref­fen sich immer wie­der z.B. am Kauf­land, am Bahn­hof oder in Parks. Von dort aus grei­fen sie immer wie­der An­ders­den­ken­de Ju­gend­li­che an – Be­dro­hen, Ver­fol­gen und Ver­prü­geln diese. Neues Ob­jekt der Ge­walt­be­gier­de: das die­ses Jahr ent­stan­de­ne al­ter­na­ti­ve Haus­pro­jekt „LW1“ des „Frei­raum e.V. Burgstädt“.

Und was macht die Stadt?

Die bie­tet dem kürz­lich ge­grün­de­ten „Frei­raum e.V.“ eine Mit­glied­schaft im „Bünd­nis gegen Ex­tre­mis­mus in Burgstädt“ an und möch­te die Ex­tre­mis­mus­be­auf­trag­te als dee­s­ka­lie­ren­de Be­glei­te­rin des Pro­jek­tes an die Seite der jun­gen Men­schen stel­len. Also mal wie­der: kräf­tig die „Ex­tre­mis­mus­keu­le“ schwin­gen und am bes­ten ver­su­chen diese „Lin­ken Chao­ten“ ein wenig mit ins Boot zu holen, damit Kon­trol­le mög­lich ist. Au­ßer­dem fin­det die Stadt, dass man das ganze Na­zi­pro­blem nicht an die große Glo­cke hän­gen soll­te, wie dies durch meh­re­re Me­dien­be­rich­te in Lim­bach-Ober­froh­na der Fall war. Ver­ständ­lich, denn ein Ter­ror von Rechts macht sich als Wer­be­slo­gan für die ei­ge­ne Stadt nicht so gut. Und weil man immer noch einen drauf set­zen kann, ver­tei­digt die Stadt dann noch einen Feu­er­wehr­chef, der die Mit­glie­der des „Frei­raum e.V.“ bei einem Ein­satz im Haus­pro­jekt als „Ze­cken“ und als Tiere be­schimpft. Und was soll man nun mit all dem Scheiß an­fan­gen? Ge­ra­de weil es in der säch­si­schen Pro­vinz schwer ist Frei­räu­me zu er­kämp­fen und eine al­ter­na­ti­ve Um­ge­stal­tung sei­ner Um­welt vor­zu­neh­men, als dies in grö­ße­ren Städ­ten der Fall ist, wol­len wir den Sta­tus quo nicht hin­neh­men. Wir neh­men es nicht hin, wenn of­fi­zi­el­le Or­ga­ne den Ver­such von der Eta­blie­rung eines Frei­rau­mes als ex­trem dar­stel­len. Wir neh­men es nicht hin, wenn Bür­ger uns und an­de­re Men­schen, die an den Rand der Ge­sell­schaft ge­drängt wer­den, als we­ni­ger wert­voll oder aso­zi­al dar­stel­len. Wir neh­men es nicht hin, wenn sich auf den be­ste­hen­den Ver­hält­nis­sen aus­ge­ruht wird, weil es uns ja „gar nicht so schlecht geht“. Wir wol­len mit sol­chen Denk­mus­tern und Ver­hal­tens­wei­sen bre­chen. Wir wol­len Neues schaf­fen-​ neue Orte, an denen sich Men­schen be­geg­nen kön­nen um sich end­lich selbst eine Mei­nung bil­den zu kön­nen. Wir wol­len zei­gen, dass al­ter­na­ti­ve Pro­jek­te eine Stadt be­rei­chern, und keine Schand­fle­cke sind. Nur so wer­den Pro­vin­zen wie­der at­trak­tiv für junge Men­schen und nur so kann eine Ge­sell­schaft ent­ste­hen, in der Pri­vi­le­gi­en wie Frei­heit und Selbst­be­stim­mung ver­wirk­licht wer­den, To­le­ranz und Ak­zep­tanz nicht nur Phra­sen sind und das Leben somit wie­der le­bens­wert wird.

Des­halb: Kon­ser­va­ti­ves Den­ken bre­chen – Pro­vin­zen al­ter­na­tiv ge­stal­ten. Für ein Leben, Lie­ben und Ler­nen in Frei­heit!

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